Circular Economy: Das zweite Leben mit Sinn erfüllen - Metropolregion Nürnberg treibt Kreislaufwirtschaft voran
Bis 2050 möchte die Europäische Union eine kreislauforientierte und klimaneutrale Wirtschaft aufbauen – für ein nachhaltiges Europa, in dem auch unsere Kinder und Enkel noch gut leben können. Dabei steht vor allem ein Gedanke im Vordergrund: In einer gut funktionierenden Kreislaufwirtschaft werden Produkte so fit gemacht, dass sie mehrfach wiederverwendet werden können. Viele Unternehmen in der Metropolregion Nürnberg gehen bereits mit gutem Beispiel voran.
Waschen, Zähneputzen, Trinken - jeder Mensch braucht sauberes Wasser und je mehr Menschen auf der Erde leben, desto größer wird der Bedarf. Gleichzeitig wird der Schutz der Ressource Nummer 1 immer dringlicher. Das weiß auch die Stadtentwässerung in Nürnberg: Die beiden Großkläranlagen sind die zentralen Orte der Wasseraufbereitung. Sie sind nicht nur große Verbraucher, sondern auch wichtige Stromerzeuger. Um den Energieverbrauch zu dokumentieren, setzt die Stadt den SIMATIC Energy Manager Pro von Siemens ein. Das System erfasst Datenpunkte von rund 500 Energiezählern sowie aus der Prozess- und Gebäudeleittechnik. Die bisher gesammelten Daten zeigen, dass die Kläranlage bereits heute in vielen Phasen zu 100 Prozent mit selbst erzeugter Energie versorgt werden kann.
Dass Wasser aufbereitet werden kann, um es anschließend wiederzuverwenden, kennen wir bereits seit vielen Jahrzehnten. Was für Wasser längst Realität ist, gilt verstärkt aber auch immer mehr für Technologien, Industrieprodukte, Hardware und Co.: Viele Unternehmen in der Metropolregion treiben die sogenannte Kreislaufwirtschaft bereits voran.
Nachhaltig wirtschaften
Das Konzept verfolgt das Ziel, den Ressourcenverbrauch zu minimieren und bestehende Produkte so lange wie möglich zu nutzen. „Kreislaufwirtschaft steht für eine nachhaltige, ressourcenschonende Wirtschaftsweise, die durch Innovationen wettbewerbsfähig bleibt“, erläutert Dr. Lydia Bühler aus dem Bereich Supply Chain Services des Fraunhofer IIS. Das Institut arbeitet in einer Vielzahl von Projekten an der Thematik, unter anderem an ressourcensparender Künstlicher Intelligenz oder der röntgenbasierten Durchleuchtung von E-Auto-Batterien zur Zweitverwendung.
Auch die Universitäten in der Region sind sich des Themas bewusst: Die Technische Universität Nürnberg beschäftigt sich im Rahmen des bayerischen Forschungsverbunds „Intelligente Fertigungsprozesse & Closed-Loop-Produktion“ im Projekt FORinFPRO mit dem Aufbau KI-basierter und selbstadaptierender Fertigungssysteme, die unter anderem den Einsatz recycelter Materialien erlauben. An der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm haben Prof. Dr. Stephanie Stute und ihr Team vom Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik in Zusammenarbeit mit dem Kunststoff-Zentrum SKZ aus Würzburg ein effizienteres Produktionsverfahren für Polyhydroxybutyrat (PHB) entwickelt – ein Polyester, das aus erneuerbaren Rohstoffen besteht. Anders als viele Biokunststoffe kann PHB innerhalb weniger Monate in der Natur biologisch abgebaut werden. Zum Einsatz kommt es unter anderem in der Medizin, wo es zum Knochenaufbau, als Implantat oder sogar als künstliche Speiseröhre eingesetzt wird. Über die projektbegleitenden Firmen können die erarbeiteten Ergebnisse direkt in die industrielle Praxis übernommen und dort evaluiert werden. An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg arbeiten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Franke an dem von der EU geförderten Projekt „REEPRODUCE“. Ziel des Projekts ist es, zusammen mit anderen Forschungs- und Technologieeinrichtungen ein nachhaltiges System zu entwickeln, um Permanentmagnete aus seltenen Erden in Europa vollständig und nachhaltig zu recyceln – und zwar im industriellen Maßstab.
Regionale Unternehmen gehen voran
Auch der Blick in die Industrie zeigt, welch große Innovationskraft es rund um die Kreislaufwirtschaft in der Metropolregion gibt. Der Antriebshersteller Baumüller beispielsweise rüstet Recyclingmaschinen weltweit mit High-Torque-Motoren aus. Die Elektromotoren werden unter anderem in Schreddern verbaut, die das Recycling verschiedenster Materialien überhaupt erst möglich machen. Der IT-Dienstleister Datev eG setzt auf Green IT und nutzt in seinem Rechenzentrum unter anderem innovative wassergekühlte Serverschränke, um die Stellfläche und damit den Energieverbrauch signifikant zu reduzieren.
Bei Siemens Healthineers mit Standorten in Erlangen und Forchheim betreut Patricia Gehrlein ein Circular-Economy-Programm: „Durch das Aufarbeiten von Systemen und auch Ersatzteilen machen wir uns unabhängiger von knapper werdenden Ressourcen. Außerdem senken wir effektiv den CO2-Fußabdruck der Systeme, was sich wiederum positiv auf die Ökobilanz unserer Kunden auswirkt“, erklärt sie. Das Unternehmen arbeitet bereits seit über 20 Jahren seine Produkte auf, macht sie fit für ein neues Leben – also genau so, wie es eine umfassende Kreislaufwirtschaft erfordert. Auch der Siemens Standort Fürth setzt auf Reparatur und Aufarbeitung von Produkten. Statt alte Produkte einfach zu entsorgen, werden aus ihnen die Ressourcen von morgen. Das Fürther Repair Center bietet damit einen erweiterten Service, der weit über die normale Produktlebensdauer hinausgeht.
Noch steht die Entwicklung am Anfang. Industrie, Forschung und Gesellschaft in der Metropolregion arbeiten aber bereits aktiv an einem nachhaltigeren Europa.